Panama-Das-erste-Jahr

 


Uns geht es gut in diesem neuen Leben. Am 25. Oktober 2022 sind wir angekommen.

In den vergangenen 12 Monaten haben wir mehr als 60 Deutsche, Österreicher und Schweizer kennengelernt, zudem ca. 40 englisch Sprechende aus USA, Kanada und Süd Afrika. Es gibt unterschiedliche Treffen: Einen Sonntagsbrunch in wechselnden Restaurants und Monatstreffen bei einzelnen – auch werden wir zu amerikanischen Treffen eingeladen; so ist mein Englisch inzwischen „flüssiger“ geworden. Spanisch hängt ein bisschen hinterher, aber wir nehmen seit kurzem Unterricht.

Einiges ist bereits sehr vertraut. Wir genießen das Leben im Haus mit Garten und  Pool. Es fühlt sich häufig noch an wie Urlaub. Ein schönes Gefühl für den Alltag.

Anfang dieser Woche nahmen wir an einem Ausflug teil zu einem der sieben indigenen Völkern. Im Einbaum wurden wir abgeholt und fuhren – motorisiert – zwanzig Minuten flussaufwärts, dann eine halbe Stunde Fußweg mit kleiner Kletterpartie, Matsch und mehreren Flussquerungen längs eines Nebenflusses bis zu einem Wasserfall. Der Wasserstand war zu niedrig, um mit dem Boot dorthin zu fahren. Dann ging es weiter im Einbaum zum Dorf der Embera. Über Land ist das Dorf kaum erreichbar.
Tanz, Musik und Handwerksarbeiten wurden gezeigt, es gab etwas zu essen – Kochbananenchips, Hühnchen oder Fisch, eingepackt im Bananenblatt mit einer Hibiskusblüte verziert. Meine Sorge, dass wir uns wie in einem Zoo fühlen könnten wurde nicht bestätigt. Die Embera haben sich dem Tourismus geöffnet. Im letzten Jahrhundert wurde die Region zum Naturschutzgebiet – sie leben also nicht im Reservat – aber die Regierung hat ihnen u.a. die Jagd verboten. Warum? Weil es ein Naturschutzgebiet ist. Seitdem müssen sich die Menschen Lebensmittel dazu kaufen. Das Durchschnittsalter ist seitdem gesunken… Letztes Jahr starb der Medizinmann des Dorfes im Alter von 100 Jahren.
Die Leiterin des Ausflugs gibt das Teilnehmergeld zu 100% an die Gemeinschaft der Embera. Andere Veranstalter machen ein Geschäft daraus. Das Geld für Handwerksarbeiten verbleibt bei der Familie, die es hergestellt hat. Im Dorf, das wir besucht haben leben ca. 50 Menschen. 12 Familien in 12 Häusern. Andere Dörfer aus der Gemeinschaft der Embera haben Familien mit bis zu zehn Kindern. Mit dem Geld von den Touristen werden Lebensmittel gekauft, eine Schule unterhalten (viele sprechen neben ihrer eigenen Sprache auch Spanisch und immer mehr auch Englisch) und bei Bedarf medizinische Hilfe finanziert.
Es war ein spannender Tag, der uns gezeigt hat, wo wir eigentlich leben. Hier sind wir ansonsten mit den vielen anderen Auswanderern in ähnlicher sozialer Gemeinschaft wie in Deutschland.

Wir haben einige Freundschaften geschlossen und treffen uns regelmäßig. Ohne diese Gemeinschaft wäre es sicherlich mental ganz schön schwierig. Gegenseitige Einladungen zum Essen, Spazieren, Ausflüge machen und Tipps austauschen über alles und jedes. Wir haben auch Musiker kennengelernt,  wir besuchen regelmäßig  deren Konzerte in Restaurants und anderen Hallen. Also Hallen klingt vielleicht etwas falsch, überdachte Plätze im Freien am Meer trifft es besser.

Das Leben findet draussen statt. Wir schlafen zwar im Haus, aber Fenster und Türen sind immer offen, geschützt durch Gitter und Fliegendraht. Die Temperatur schwankt das ganze Jahr über zwischen 28 und 32 Grad, nach einem intensiven Regen kühlt es auch mal ab auf 25 Grad. Das empfinde ich bereits als etwas kühl. Wenn es mal zu heiss wird, gibt es in vier Zimmern zusätzlich zu den Ventilatoren auch Klimaanlagen. Letztere nutzen wir allerdings nur ganz selten. Alternativ man fährt zum Einkaufen – die meisten Geschäfte kühlen runter, so dass es ziemlich „erfrischend“ wird. Energieverschwendung und unangenehm kalt wird es bei einigen :—)

Apropos Auto. Nach einigem Suchen haben wir uns für ein anderes Auto entschieden. Wir hatten einen Toyota Rush, aber der Wagen hat leider nur 109 PS. Damit kann man nicht in die Berge fahren, das schafft das Auto nicht. Jetzt steht ein Toyota FJ Cruiser unterm Carport, 6-Zylinder, 250 PS, Vorschaltgetriebe für 2 oder 4-Radantrieb (plus  „schweres“ Gelände). Nach einigem Suchen fand ich den Wagen aus dem Jahr 2016. Ein kanadischer Mechaniker hat den Wagen gecheckt und für gut befunden: „Der wurde nur in der Stadt gefahren, es gibt keine Spuren oder Beschädigunegn, alles sieht gut aus. Und er hat erst 60.000 km auf dem Tacho. Also, kannste machen.“

Die Mangosaison ist schon einige Monate vorbei. Zwischen April und Juli gibt es hier Mangos im Überfluss. Kleinere gelbe, längliche grün-rote (macheto = Machete wegen der Form) und große ca. 20 cm lang, fast rund mit zartem, faserfreiem Fruchtfleisch. Ich habe gelesen, dass in Panama 120 Sorten wachsen. Zum Frühstück mache ich jeden Tag einen frischen Obstsmoothie. Zutaten sind Banane, Apfel, Papaya, Wassermelone, Honigmelone, Ananas, Maracuja und wenn vorhanden natürlich auch Mango.
Die Trockenzeit ist von Dezember bis April, dann Übergangszeit zur Regenzeit und wieder ca. zwei Monate Übergang. In diesem Jahr ist die Regenzeit kaum zu spüren, es regnete sehr wenig. Außerdem verhindert eine kleine Bergkette den Regen hier – deshalb heisst die Region auch „terra seca“ / trockenes Land. In der Stadt, ca. 100 km entfernt, regnet es in der Regenzeit fast täglich, so richtige Wolkenbrüche mit viel Wasser. Erst seit einigen Tagen regnet es hier regelmäßiger. Meist eine halbe Stunde – dann brauchen wir keine Blumen zu gießen. Manchmal erleben wir das, was man einen tropischen Regen nennt, ein, zwei Stunden viel Wasser von oben – dann steht fast der ganze Garten unter Wasser; aber nach 10 Minuten ist alles wieder abgeflossen.

Seit einigen Tagen kommt es landesweit zu Protesten und Blockaden der Straßen.  Der Vertrag mit einer kanadischen Minenfirma hat Unstimmigkeiten, es drohen Arbeitsplatzverluste, Umweltsauereien und das „übliche“ Kolonialplündern … Und nächstes Jahr sind Präsidentschaftswahlen. Eine Volksbefragung ist wohl rechtlich nicht bindend und so steigt die Wut der Menschen, insbesondere über die Umweltschäden, die die Minenbetreiber verursachen.

Jetzt gehen wir mal an den Strand. Es sind keine zehn Minuten zu Fuß und dann laufen wir am ca. 1,5 km langen Abschnitt durchs warme Wasser.